1884 Albert Steffen wird am 10. Dezember 1884 in Wynau (Kanton Bern) als Sohn eines Arztes geboren. Dort, am Ufer der Aare, verbringt er seine Jugendzeit. Wichtig werden für ihn besonders die enge Verbindung mit der Natur und die Erlebnisse im Arzthaushalt und in den Gewerbebetrieben des Dorfes. Durch den Biss eines Hundes und eine anschliessende Lysolvergiftung gelangt er im Alter von etwa sieben Jahren an den Rand des Todes.
1900 Er besucht bis 1904 das Gymnasium in Bern, wobei er wegen eines teilweise misslungenen Examens in die Quarta und nicht, wie seine gleichaltrigen Kameraden, in die Tertia aufgenommen wird. Er fühlt sich zurückgesetzt, schämt sich und zieht sich in die Einsamkeit zurück. Seine Gedanken und Gefühle vertraut er dem Tagebuch an – das er bis zu seinem Tod führen wird – und beginnt auf diesem Weg seine schriftstellerische Tätigkeit.
1904 Nach dem Abitur beginnt er auf Wunsch seines Vaters, dessen Arztpraxis er später übernehmen soll, in Lausanne mit dem Medizinstudium. Er beschäftigt sich intensiv mit Nietzsche und Dostojewsky. Dagegen befriedigt ihn das naturwissenschaftliche Studium nicht: «die Natur erlöste mich nicht».
1905 Auf seine Bitte hin erlaubt ihm sein Vater, das Medizinstudium aufzugeben und an der Universität Zürich im Hinblick auf eine dichterische Tätigkeit Geschichte, Völkerkunde, Kunstgeschichte, aber auch Literaturgeschichte und Philosophie zu studieren. Er schreibt seinen ersten Roman «Ott, Alois und Werelsche».
1906 Im Oktober 1906 fährt er nach Berlin, wo im S. Fischer-Verlag im Frühjahr 1907 sein Erstlingswerk veröffentlicht wird. Er lernt das Grossstadtleben in allen Facetten kennen, wobei er schon kurz nach seiner Ankunft das sog. Viergetier-Erlebnis hat, die übersinnliche Erfahrung, dass jeder Mensch auch Böses in sich trägt. In der Verwandlung dieses Bösen sieht er von nun an eine seiner wichtigsten Aufgaben als Dichter. Kurz nach diesem Erlebnis lernt er Else von Carlberg kennen, die später unter dem Namen Sent M’ahesa als Tänzerin bekannt werden wird. Die enge Verbindung mit ihr endet äusserlich im Herbst 1907, innerlich dagegen bleibt ihr Steffen noch während vielen Jahren, in gewissem Sinne sogar bis zum Tod verbunden.
1907 Er besucht zusammen mit Else von Carlberg den ersten Vortrag von Rudolf Steiner und beginnt mit dem Studium der Anthroposophie.
1908 Nach einem Aufenthalt in der Schweiz nimmt Steffen im Oktober 1908 Wohnsitz in München, wo er – von weiteren kürzeren Aufenthalten in der Schweiz abgesehen – bis 1920, also auch während des ganzen 1. Weltkriegs, bleibt. 1910 wird er Mitglied der damaligen Theosophischen (später Anthroposophischen) Gesellschaft. Während der Münchner Zeit entstehen vier weitere Romane und die ersten zwei Dramen.
1914 Er lernt den polnischen Maler Stanislas Stückgold und dessen aus Ungarn stammende Frau Elisabeth geb. von Veress kennen, sowie deren Töchterchen Felicitas Stückgold, das halbseitig gelähmt und Epileptikerin ist. Im Laufe der folgenden Jahre übernimmt er in stetig zunehmenden Masse die Mitverantwortung für Elisabeth und Felicitas, die ihm «von Christus anvertrauten Menschen».
1920 Albert Steffen reist mit Elisabeth und Felicitas nach Dornach, liest an verschiedenen Orten der Schweiz aus seinen Werken und hält mehrere Vorträge, im Oktober 1920 anlässlich des ersten Hochschulkurses am Goetheanum auch seinen ersten Vortrag in Dornach (Die Krisis im Leben des Künstlers).
1921 Auf Wunsch Rudolf Steiners übernimmt er die Redaktion der neu gegründeten Wochenschrift «Das Goetheanum», die er bis zu seinem Tod – während 42 Jahren – betreuen wird. Pläne, wiederum nach Deutschland zurückzukehren, werden dadurch hinfällig. Es erscheint der erste Gedichtband, die später stark erweiterte «Weg-Zehrung».
1923 Albert Steffen wird anlässlich der Neubegründung der Anthroposophischen Gesellschaft von Rudolf Steiner als stellvertretender Vorsitzender in deren Vorstand aufgenommen. Innerhalb der Freien Hochschule am Goetheanum übernimmt er die Leitung der Sektion für Schöne Wissenschaften.
1925 Nach dem Tode Rudolf Steiners wird Steffen an Weihnachten 1925 zum 1. Vorsitzenden der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft gewählt und trägt auch diese Aufgabe bis zu seinem Tode durch.
1925-63 In den folgenden Jahren und Jahrzehnten schreibt er ungezählte Essays und Aufsätze für die Wochenschrift, die anschliessend teilweise auch in Buchform erscheinen (insgesamt 17 Bände). Bis zum Todesjahr 1963 entstehen acht weitere Romane und romanähnliche Bücher, elf Gedichtbände, 15 Dramen und elf Bände mit Erinnerungen, Novellen und kleinen Mythen. In den Dramen nimmt er unter anderem Stellung zum Nationalsozialismus (1928: «Der Sturz des Antichrist»), zum Krieg und zur Bedeutung des Roten Kreuzes (1942: «Die Märtyrer») und zum Euthanasieproblem (1943: «Ruf am Abgrund»). Mit dem Schauspiel «Pestalozzi» weist er auf den Beitrag hin, den die Schweiz an der Menschheitskultur leisten sollte.
Durch die enge Verbindung mit der Anthroposophie und der Anthroposophischen Gesellschaft gerät Steffen, der aufgrund seines Frühwerkes zu den bedeutendsten jüngeren Dichtern gezählt wurde, außerhalb der anthroposophischen Bewegung zunehmend ins Abseits.
1935 Nachdem Stanislas Stückgold im Jahre 1933 gestorben war, heiratet Albert Steffen 1935 Elisabeth, nicht zuletzt, um ihr und Felicitas angesichts der politischen Lage mit dem Schweizerbürgerrecht eine sichere Heimat zu bieten.
1936 Albert und Elisabeth Steffen ziehen in das Haus Hansi, in welchem Rudolf und Marie Steiner gelebt haben. (Heute Sitz der Albert Steffen-Stiftung.)
1937 Felicitas stirbt nach einem schweren epileptischen Anfall.
1961 Am 3. März, an ihrem Geburtstag, geht auch Elisabeth über die Schwelle. Albert Steffen, der immer einsamer wird, veröffentlicht danach zwei Mappen mit Farbdrucken nach eigenen Aquarellen. Erst nach seinem Tod wird deutlich, dass er neben seinem dichterischen und essayistischen Werk auch ein reiches bildnerisches Werk geschaffen hatte. Dazu gehören ebenfalls zahlreiche Entwürfe zu Bühnenbildern und Kostümen für seine Dramen.
1963 Kurz vor seinem Tod begründet Albert Steffen die «Stiftung für Therapeutische Dichtung» (die jetzige Albert Steffen-Stiftung), der er die Betreuung seines künstlerischen und wissenschaftlichen Lebenswerkes überträgt und zu der auch der Verlag für Schöne Wissenschaften gehört.
1963 Nach kürzerer Krankheit stirbt Albert Steffen am 13. Juli 1963. Seine Urne wird erst 1983 zusammen mit den Urnen von Elisabeth und Felicitas auf dem Friedhof in seinem Heimatdorf Wynau beigesetzt. Das Grab wird überragt von einer Plastik von Raoul Ratnowsky.